1.Einleitung

Die Mehrheit der Kinder weltweit, aber auch in Deutschland (Statistisches Bundesamt, 2016), wächst zusammen mit mindestens einem Geschwister in der Familie auf. Mit dem Auszug aus dem Elternhaus nimmt zwar meist die Kontakthäufigkeit zwischen Geschwistern ab, die Beziehung bleibt jedoch bestehen und wird teilweise im höheren Alter erneut intensiviert. Geschwister begleiten sich somit auf ganz unterschiedliche Weise durch ihr Leben. Hierbei haben sie eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen: Sie sind Spielkameraden, Verbündete, Fürsprecher, aber auch der „Grund“ für Ärger, Streit und Eifersucht.

In schwierigen Situationen und prekären Lebenslagen können Geschwister eine Unterstützung und Hilfe darstellen und so negative Auswirkungen vermindern oder abfangen. Es kann aber auch gerade in solchen Situationen zu einem umgekehrten Effekt kommen: Auch die Geschwisterbeziehung ist dann vermehrt durch Streit und Konflikte belastet und es gibt nur wenig gegenseitige Unterstützung. Unterschiedliche Dynamiken in der Geschwisterbeziehung wurden im Hinblick auf unterschiedliche Belastungssituationen, wie eine Scheidung der Eltern (z. B. Walper, Thönissen, Wendt & Bergau, 2009), schweren, chronischen Erkrankungen von Familienmitgliedern (z. B. Floyd, Prucell, Richardson & Kupersmidt, 2009) und bei Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung (z. B. Witte, 2018) untersucht. Das vorliegende Vertiefungskapitel beschäftigt sich detailliert mit einer prekären Lebenslage von Kindern und Jugendlichen, nämlich dem Miterleben von häuslicher Gewalt.