1.Häusliche Gewalt als Hilfeanlass und Schutzauftrag

„Die mittlerweile gut entwickelte Befundlage zeigt deutliche negative Auswirkungen eines Miterlebens von Partnergewalt auf die Entwicklung von Kindern. Bei einem Teil der betroffenen Kinder ergeben sich hieraus bedeutsame Beeinträchtigungen in wichtigen Entwicklungsbereichen“, so Heinz Kindler (2013, S. 45) aus der Perspektive der Entwicklungspsychologie. Übersetzt in die Sprache des Rechts bedeutet miterlebte häusliche Gewalt – zumindest solange die Partnerschaft der Erziehungspersonen gewaltbelastet ist – zunächst dreierlei und zwar, dass

  • „eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist“ (§ 27 Abs. 1 SGB VIII), sodass die Personensorgeberechtigten Anspruch auf Hilfen zur Erziehung haben;

  • „gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohl eines Kindes oder Jugendlichen“ vorliegen (§ 8a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB VIII, § 4 Abs. 1 S. 1 Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz [KKG]), denen Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe sowie Berufsgeheimnisträger in den Erwachsenenunterstützungssystemen im Rahmen ihres jeweiligen Schutzauftrags nachzugehen haben;

  • kein Automatismus für das Vorliegen einer „Gefährdung des Kindeswohls“ besteht (§ 1666 Abs. 1 BGB), bei welcher das Familiengericht im Falle mangelnder Abwendungsbereitschaft und -fähigkeit der Personensorgeberechtigten die zur Abwehr der Gefahr für das Kind erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat.