7.Umgangsrechte und Kinderschutzmaßnahmen aus der Sicht der Befundlage zu den Folgen miterlebter häuslicher Gewalt

Einzelfallentscheidungen mit erheblicher Bedeutung für betroffene Kinder (z. B. Sorgerechtseingriff, längerfristiger Ausschluss von Umgang) lassen sich nicht einfach aus Gruppenbefunden ableiten, sondern bedürfen der gründlichen Prüfung im Einzelfall. Aus Sicht der Befundlage zu den Folgen miterlebter häuslicher Gewalt erscheinen aber zwei Punkte festzuhalten:

(a) Miterlebte häusliche Gewalt ist für alle betroffenen Kinder eine Belastung. Ein Teil der betroffenen Kinder reagiert auf miterlebte häusliche Gewalt in einem oder mehreren Entwicklungsbereichen mit Einschränkungen bzw. Auffälligkeiten, die die weitere Entwicklung ernsthaft gefährden. Deshalb ist es notwendig, sich bei notwendig werdenden kindeswohlbezogenen Entscheidungen ein Bild von der gewaltbedingten Belastung des Kindes zu machen. Dabei ist zu bedenken, dass sich Belastungen mehrheitlich nicht in Form leicht erkennbarer, nach außen gerichteter Auffälligkeiten äußern, sondern eher in Form von posttraumatischen Belastungsstörungen, nach innen gerichteten Auffälligkeiten und Einschränkungen in der sozialen bzw. geistigen Entwicklung. Bereits vorhandene Belastungen wiegen bei der Entscheidungsfindung umso schwerer, je höher das Risiko erneuter häuslicher Gewalt ist, da bereits vorhandene Entwicklungsbelastungen unter Bedingungen fortgesetzter häuslicher Gewalt häufig chronifizieren oder sich verschlimmern. Daher ist die Einschätzung des Wiederholungsrisikos häuslicher Gewalt, neben den gewaltbedingten Belastungen betroffener Kinder, in diesen Fällen ein weiterer, in Ergänzung üblicher Kindeswohlkriterien, heranzuziehender Faktor.