5.Geschlecht und Alter als Einflussfaktoren auf die Folgen miterlebter häuslicher Gewalt

Unabhängig von miterlebter häuslicher Gewalt zeigen Mädchen und Jungen, wenn sie als Gruppen betrachtet werden, einige tendenzielle Unterschiede in psychischen Auffälligkeiten (für einen Überblick und Hintergründe s. a. Zahn-Waxler, Shirtcliff & Marceau, 2008). Bei Mädchen treten Auffälligkeiten tendenziell später im Entwicklungsverlauf auf und sie sind eher nach innen gerichtet (Internalisierung, z. B. Ängste, Depression). Innerhalb der Gruppe der Jungen treten Auffälligkeiten im Schnitt früher auf und sie sind eher nach außen gerichtet (Externalisierung, z. B. Aggression, Aufmerksamkeitsstörungen). Im Hinblick auf psychische Probleme nach miterlebter häuslicher Gewalt bestätigt sich dieses Muster nur teilweise (Evans, Davies & DiLillo, 2008). Aggressive Verhaltensauffälligkeiten, wie etwa Störungen des Sozialverhaltens, werden eher von Jungen gezeigt. Bei beiden Geschlechtern überwiegen allerdings die nach innen gerichteten Auffälligkeiten und hier besteht auch insgesamt kein Unterschied zwischen Mädchen und Jungen. In der Praxis wäre es deshalb sehr wichtig, sich intensiver mit Ängsten und Depressionen auseinanderzusetzen, die in ihrer Ernsthaftigkeit leichter übersehen werden. Posttraumatische Belastungsstörungen in Reaktion auf alle Arten von Beziehungstraumata, zu denen auch häusliche Gewalt zählt, finden sich jedoch bei Mädchen häufiger als bei Jungen (Alisic et al., 2014).