Das sog. „staatliche Wächteramt“ berechtigt den Staat nicht zu einer dem elterlichen Willen widersprechenden bestmöglichen Förderung der Fähigkeiten des Kindes: „Die Eltern und deren sozio-ökonomischen Verhältnisse gehören grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes“ (BVerfG 19.11.2014 – 1 BvR 1178/14). Der Staat ist erst dazu aufgefordert, in das elterliche Erziehungsrecht einzugreifen, wenn die Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Das Gesetz bestimmt zur Ausübung der „Wacht“ diverse Stellen, insbesondere Jugendamt, Familiengericht und Polizei, aber auch Träger der freien Jugendhilfe sowie Sozialarbeiter*innen und Psycholog*innen, in der Unterstützung für von Gewalt betroffene und Gewalt ausübende Erwachsene. Sie alle sollen bei entsprechenden Anhaltspunkten die Gefährdung einschätzen und ggf. Maßnahmen zur Gewährleistung und zum Schutz des Kindeswohls ergreifen bzw. Informationen weitergeben. Doch auch hier gilt: Der Staat und die in den Schutzauftrag einbezogenen Stellen sind zunächst dazu aufgefordert, Angebote der Hilfe und Unterstützung zu unterbreiten, welche auf die Beseitigung oder den Ausgleich des festgestellten elterlichen Defizits ausgerichtet sind (BVerfG 17.2.1982 – 1 BvR 188/90). Erst wenn das Wohl eines Kindes oder eines*einer Jugendlichen gefährdet ist, kann zum Wohl des Kindes ein Eingriff ohne elterliches Einverständnis oder sogar gegen deren Willen erforderlich sein. Bei der Abwendung der Gefährdung durch Herausnahme aus der Familie als schwerster Eingriff (Art. 6 Abs. 3 GG) ist insbesondere zu klären, ob die mit der Herausnahme aus der Familie verbundenen Vorteile die mit einer Trennung von den Eltern verbundenen Nachteile für das Kind bzw. die*den Jugendliche*n tatsächlich überwiegen (Britz, 2015).