(b) Die Situation von Erwachsenen, die im Rahmen oder Nachgang zu einer Partnerschaft Gewalt erleiden und von Kindern, die eine solche Gewalt miterleben mussten, ist durch einen grundlegenden Gleichklang der Interessen gekennzeichnet. Dieser besteht im gemeinsamen Interesse an einem Schutz vor neuerlicher Gewalt und Unterstützung bei der Bewältigung des Erlebten. Jedoch bestehen tiefere Zusammenhänge. Nicht nur ist die Unterstützung von gewaltbetroffenen Eltern ein sehr wichtiger, wenn auch nicht der einzige Weg zur Unterstützung von Kindern, so dass sich etwa Investitionen in die Unterstützung und Begleitung von Müttern in Frauenhäusern auch über die Wirkungen auf Kinder „auszahlen“, sondern Erwachsene wie Kinder reagieren zudem auf die jeweils wahrgenommenen Bedürfnisse beim jeweils anderen. Daher ist es für Fachkräfte etwa so wichtig, Mütter im empfundenen Zwiespalt zwischen den beiden Positionen, „die Kinder brauchen doch den Vater“ vs. „die Gewalt schädigt auch meine Kinder“, gut beraten zu können. Der grundlegende Gleichklang der Interessen schließt allerdings Spannungsverhältnisse im Einzelfall nicht aus, etwa bei einer schwerwiegenden Verkennung von gewaltbedingter Belastung und Risiko für Kinder oder bei Erholungsphasen für gewaltbetroffene Erwachsenen, in denen Fürsorge nicht vollständig übernommen werden kann. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass Opferschutzeinrichtungen, Jugendhilfe und Familiengerichte in solchen Situationen handlungsfähig sind. Wichtig ist beides, die Anerkennung des grundlegenden Gleichklangs der Interessen, aber auch der möglichen Ausnahmen. Verschieben sich fachliche Positionen zu sehr in die eine oder andere Richtung, werden entweder Notlagen von Kindern übersehen oder es kommt zu sekundären Viktimisierungen von Erwachsenen, die häusliche Gewalt erleben mussten, definiert als negatives oder unresponsives Verhalten gegenüber Verbrechensopfern, die von diesen als weitere Verletzung ihrer Rechte erlebt werden (Rivera, Sullivan & Zeoli, 2012).