Eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit (Howell et al., 2016) hat Folgen des Miterlebens häuslicher Gewalt in verschiedenen Altersgruppen analysiert und auf die bereits im Säuglings- und Kleinkindalter beobachtbaren und zuvor häufig unterschätzten Belastungseffekte hingewiesen. In einer der weltweit größten hierzu vorliegenden Studien wurden von Lundy und Grossmann (2005) bei einer Mehrheit von Säuglingen und Kleinkindern nach häuslicher Gewalt Phänomene von erhöhter Unruhe, Irritierbarkeit und Trennungsängsten beschrieben. Im Vergleich zu Kontrollgruppen fanden sich bei Kleinkindern 2-4-fach erhöhte Raten von Verhaltensauffälligkeiten in einem klinischen, d. h. behandlungsbedürftigen, Umfang (Dejonghe et al., 2011). Im Verhältnis zu anderen Altersgruppen finden sich in der frühen Kindheit im Fall häuslicher Gewalt zudem engere Zusammenhänge zwischen der psychischen Gesundheit von Müttern und der Belastung der Kinder, d. h. häusliche Gewalt schlägt umso stärker auf die Entwicklung der Kinder durch, je mehr die Mutter infolge der Gewalt selbst unter psychischen Problemen (z. B. einer posttraumatischen Belastungsstörung) leidet (z. B. Levendosky et al., 2018). Ansonsten gilt für den weiteren Entwicklungsverlauf, dass Belastungseffekte in allen Altersstufen beobachtbar sind, sich die Lebens- und Entwicklungsbereiche aber verändern, in denen diese sichtbar werden. So treten Probleme mit Gleichaltrigen im Kindergartenalter hervor und Schulprobleme im Schulalter. Mit zunehmendem Alter gewinnt es zudem an Bedeutung, über welche inneren Bewältigungsstrategien Kinder verfügen oder nicht verfügen. Emotionale und soziale Unterstützung scheint dagegen altersgruppenübergreifend von Bedeutung.