Erlebens- und Verarbeitungsweisen von Kindern im Kontext häuslicher Gewalt

Bindung dient also der psychologischen Sicherheit von Kindern und gewährleistet, dass ihre Bezugspersonen für sie emotional verfügbar sind. Bindung bzw. Nähe zur Bindungsperson reduziert Angst und zwar insbesondere in unvertrauten Situationen. Dass sich Kinder bei Belastung an ihre Bindungspersonen wenden, lässt sich nicht nur bei Kleinkindern, sondern auch bei älteren Kindern und selbst bei Jugendlichen beobachten. Allerdings verändern sich ihre Verhaltens- und Ausdrucksweisen, Nähe herzustellen. In Abhängigkeit von ihren zunehmend erweiterten Entwicklungskompetenzen wird Bindung mehr und mehr durch psychologische Nähe, also psychologische Intimität, bestimmt (Marvin & Britner, 2008; s. a. Ziegenhain, 2014).

Dieser Mechanismus der Stressregulation im Beziehungskontext funktioniert nur bei vertrauten Bezugspersonen. Kinder etablieren eine Bindungsbeziehung mit denjenigen Menschen, die sich um sie kümmern und die sie versorgen. Es geht also um enge soziale Beziehungen und nicht um Blutsverwandtschaft, selbst wenn es gewöhnlich die Eltern sind, an die sich die Kinder binden. Es dürfte mit der Stärke dieses Bindungsbedürfnisses zusammenhängen, dass sich auch diejenigen Kinder an ihre Eltern binden, die sie emotional und / oder körperlich misshandeln bzw. die nicht in der Lage sind, sie gegen Gewalt zu schützen.