Neurobiologische Folgen kindlichen Miterlebens häuslicher Gewalt
Schwierige und belastende Kindheitserfahrungen finden sich auch längerfristig in negativen Veränderungen in der Stressreaktivität und zwar gleichermaßen in der HPA-Achse als auch im autonomen Nervensystem. Danach zeigten sich gut belegte Folgen starker Stressbelastungen, wie sie durch Misshandlung im Kindesalter entstehen können, in langfristigen Veränderungen in der Regulation der HPA-Achse bzw. in Dysregulationen in der Cortisolreaktion (Carpenter et al., 2007). Studien mit Kindern zeigten, dass die Misshandlungserfahrungen mit einer chronischen Aktivierung der HPA-Achse verbunden waren. Beispielsweise wiesen misshandelte Kinder mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) einen höheren Cortisolspiegel im Vergleich mit einer gesunden Vergleichsgruppe ohne Misshandlungserfahrungen auf (Carrion et al., 2002). Studien mit Erwachsenen, die über eine Misshandlungsvorgeschichte berichteten, weisen auf eine langfristige Überaktivierung der HPA-Achse hin. So wurden z. B. erhöhte Spiegel des CRH-Hormons im Liquor, gefunden, also der Körperflüssigkeit, die das Zentralnervensystem umgibt (Carpenter et al., 2004).
Zusätzlich führt das Erleben von Kindesmisshandlung auch zu einer erhöhten Stressreaktivität der HPA-Achse, wenn die Betroffenen im späteren Leben mit psychosozialen Herausforderungen konfrontiert werden. Dies ließ sich auch experimentell belegen.